Yamile Cruz Montero & Christos Asonitis – Rapsodia Cubana

Das Projekt begann mit einer romantischen Fügung des Schicksals und einem Wendepunkt im Leben und in der Karriere von Yamilé. In Havanna im Jahr 2011 organisierte Yamilé ein Konzert mit der griechischen Botschaft, während Christos gerade für ein Jazzquartett angereist war. Ihre Wege kreuzten sich, und seitdem sind sie zusammen. Die Idee einer professionellen Zusammenarbeit kam ihnen nicht sofort in den Sinn, denn Yamilé hatte sich der europäischen und lateinamerikanischen klassischen Musik verschrieben, während Christos dem Jazz und der lateinamerikanischen Popmusik treu war. Vier Jahre später erntete ein gemeinsames Konzert in München so viel Begeisterung, dass sie beschlossen, ihre Zusammenarbeit fortzusetzen.


Angeregt durch ihre verschiedenen musikalischen Hintergründe reflektiert das Konzept dieses Albums die Idee des ‘über den Tellerrand Hinausdenkens’. Indem sie sich des kubanischen Repertoires annahmen, das ursprünglich für Klavier geschrieben wurde, und es mit lateinamerikanischem Jazz durch die Hinzufügung von Perkussionsinstrumenten bereicherten. Die klassischen Klavierfertigkeiten von Yamilé stehen meisterhaft im Kontrast zu dem Cajón, Pandeiro und den Schlagzeugen von Christos und schaffen so ein innovatives und faszinierendes Ergebnis.


Um dies zu erreichen, mussten sie beide über ihre eigenen Konventionen hinausblicken. Diese Experimente brachten einige Herausforderungen mit sich. Für die klassische Pianistin bestanden sie darin, sich auf die vielfältigen Genres und den improvisatorischen Spielstil der populären kubanischen Musik einzulassen. Für den Percussionisten war es wichtig, dem ursprünglichen Stil der festgelegten Elemente in den Partituren Respekt zu zollen. Trotz unterschiedlicher Herangehensweisen treffen sich das Paar in der Mitte und schaffen eine einzigartige Brücke zwischen beiden kreativen Bereichen.
Der Titel Rapsodia Cubana stammt vom griechischen Wort Rhapsodie, was einen Teil eines Gedichts bedeutet, der unabhängig von der Gesamtarbeit dargestellt werden kann. Daneben verweist ‘Rhapsodie’ in musikalischer Hinsicht auf ihre improvisatorische Natur und unregelmäßige Form. Mit diesem Gedanken basiert die Reihenfolge der Songs auf der Dramaturgie, die zwischen ihnen entsteht – nicht auf einer festen Reihenfolge der Komponisten.

Rapsodia Cubana präsentiert die Komponisten: José María Vitier (1954), Ernán López-Nussa (1958), Andrés Alén (195) und Aldo López Gavilán (1979). Alle repräsentieren das breite Spektrum des zeitgenössischen kubanischen Klaviers und zeigen die technische Expertise des klassischen Klavierspiels, integriert mit populären kubanischen, lateinamerikanischen und nordamerikanischen Genres. Der Komponist Andrés Alén ist auch mit seinen Versionen von Tico-Tico no Fubá und Romanza María la O vertreten, die ursprünglich von Zehquinha de Abreu (Brasilien, 188-1935) und Ernesto Lecuona (Kuba, 1895-1963) komponiert wurden.
Als Ergebnis werden wir eingeladen, zu den Klängen des Son und des Danzón zu tanzen. Obwohl sie vom Klavier und den Perkussionsinstrumenten geprägt sind, spiegeln die neuen Arrangements dennoch Kubas ursprüngliche gefeierte Genres wider. So entsteht eine Atmosphäre, die die klassische Musik und all ihre technischen Ressourcen in eine einzigartige kubanische Feier verwandelt.
Das Album kann in drei Teile unterteilt werden, die die Dramaturgie der Songreihenfolge ausbalancieren. Jedes Stück führt zum nächsten über und wechselt frei zwischen emotional lyrischen Werken und dynamischeren energiegeladenen Stücken, und erreicht dabei insgesamt ein Gleichgewicht, behält aber dennoch einen rhapsodischen Charakter.
Der erste Teil wird in den Stücken Pan con timba, Reencuentro und Contradanza festiva präsentiert. Diese Stücke dienen als Einführung, in der der Geist des Albums und seine Ästhetik zusammengefasst wird. In ihnen ist die Präsenz des Klaviers deutlich, jedoch wird dies angenehm durch das Eindringen von Percussion ausgeglichen, insbesondere durch die speziellen für jedes Stück ausgewählten Instrumente.

Der zweite Teil wird in den Stücken Danza de los inocentes, Danzón legrand, Zontime 1 Puesto y convidado und El pájaro carpintero offenbart. Gemeinsam erfassen sie das Gefühl zeitgenössischer Komponisten, die zu ihren Heimattraditionen zurückkehren. Sie alle lauschen der Vergangenheit aus der Perspektive der Gegenwart und beziehen sich auf den brasilianischen Baião und den amerikanischen Ragtime, die ihr allgemeines Thema ergänzen, während sie sie dennoch mit dem bunten Spektrum des amerikanischen Kontinents verbinden.
Dieser Klang-Kaleidoskop endet mit einer weiteren Anspielung auf die Musik Lateinamerikas. Dies zeigt sich in Tico-Tico no Fubá (Zequinha de Abreu) und Tarde en la Habana. Epílogo schließt die Auswahl der Werke meisterhaft ab, indem er nach kreativer Freiheit durch Interpretation sucht und letztendlich den ursprünglichen Zweck von Rapsodia Cubana widerspiegelt.
Danza de fin de siglo und Romanza María la O teilen den markanten Klang des Klaviers und haben beide klangliche Feinheiten aus der lyrischen Vision der Komponisten. Es gibt auch eine harmonische Bearbeitung und einen dramaturgischen Dialog, der wiederum die oben genannten drei Teile verbindet.
Jedes der auf dem Album präsentierten Lieder ist mit populären Tänzen verbunden, mit Ausnahme von Romanza María la O, das das Hauptthema einer kubanischen Zarzuela (einer kleinen leichten Operette) gleichen Namens ist.
Insgesamt vereint Rapsodia Cubana mehrere Referenzen, die Verbindungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Tradition und Zeitgenossenschaft, klassischen Universen und den Welten der Unterhaltungsmusik herstellen. All dies definiert die künstlerische Vision, die Yamilé Cruz Montero und Christos Asonitis kreiert haben…

Sarah Wanstall